R:
Jedes Silberkügelchen, was ich finden konnte, hab ich gespielt. Schon immer, seit dem zehnten Jahr, meine Mutter sagt immer, ich hab jedes Kügelchen, jedes Silberkügelchen, was es gab
F: Haste mal im Verein gespielt?
R: Ne, mit der Schweineblase hab ich gespielt.
F: Und, wie lange beim Roten Hammer?
R: Seit 26 Jahren.
H: Das stimmt ja nicht!
R: Wieso ?
H: Stimmt das ?
R: Ja, sicher, wir hießen nur nicht Roter Hammer,
sondern, weiß nicht mehr
H: "Düsseldorfer Jungen".
F: Was machst Du eigentlich beruflich?
R: Lehrer, seit 1980, erst Gymnasial-, jetzt
Gesamtschullehrer
H: (knackt Nuß) Juut, datt wichtigste hammer.
F: Die Nuß ist op.
H: Sind die noch von Weihnachten?
F: Also ich werde Dir sagen, worum es geht
R: Ich hab grad überlegt mit den zehn Jahren, das stimmt
ja gar nicht, Fußball hab ich schon immer gespielt -
seit dem dritten Lebensjahr - ne, ich hab grade an meine
Schweineblase gedacht, mein Gott, wann war datt denn?
F: Also, paß auf, ich schreibe hier: "Tritt seit
dem dritten Lebensjahr gegen den Fußball, in Klammern
Schweineblase".
R: Mit der Schweineblase hats angefangen, da hatten wir
keinen Ball.
F: Schweineblase in Klammern Fußball
und spielt
R: Ja, das war damals noch so Sitte.
F:
seit 26 Jahren beim Roten Hammer. Das ist
erschütternd. Ich werd das hier noch mal sauber zu
Papier bringen. Also noch mal ganz kurz: Wir haben
einfach gedacht, mal ein Interview - was Du überhaupt
machst. Nicht nur immer "Macher der Bunten Liga,
Roter Hammer", sondern - wir reden sicherlich auch
über die Bunte Liga, nachher mal - damit die Leute auch
mal wissen, wat machste eigentlich, wer biste eigentlich.
Kann ja sein, daß das auch genügend Leute interessiert.
R: (kaut Salzstangen)
F: Möchtest du denn, daß wir das schreiben:
"geboren am
in Düsseldorf"?
R: Jajanein.
F: Was willste denn haben - tut mir leid?
R: Ja.
F: "Kann nichts dafür"?
R: Dafür kann ich nichts.
H: Bist du eigentlich schon immer Präsi von der
Bunten Liga gewesen, also der erste und amtierende?
R: Ja, im ersten Jahr hat da noch den einen - diesen
einfachen Plan - hat noch der Bernhard gemacht.
H: Und wann gedenkst Du in Pension zu gehen?
R: Dieses Jahr, ich möchte kein Berufsfunktionär sein.
H: Aber du bist doch schon seit 26 Jahren beim Roten
Hammer.
R: Das hört ja auch irgendwann auf jetzt - ich kick
jetzt hier jeden Sonntag mit den Dellbrücker Jungs, um
die Ecke quasi. Beim Roten Hammer ist es mit den
regelmäßigen Terminen vorbei. Alter, Wohnort, halt die
verschiedensten Dinge und deswegen
H: Ist das zufällig gekommen, also sind das hier
Deine Nachbarn?
R: Das waren ursprünglich alles Väter, mit dem Werner
zusammen und zum Teil in der Gruppe haben wir hier
Fußball gespielt
und ich weiß noch früher, ich
war ja am Apostelgymnasium 3 oder 4 Jahre, da hab ich
jede pause, da war so ein kleiner Park, in jeder Pause
sind wir da draußen hingegangen und haben da immer so
mit den Tennisbällen gespielt, ja, gekickt.
H: Als Schüler oder als Lehrer?
R: Nee, wir als Schüler, als ich 10, 11 war - ach so -
und da bin ich zum ersten mal beim FC gewesen da hatte
ich einen in der Klasse, der hatte ne Dauerkarte.
F: Und du bist da hin gegangen?
R: 1960 war das.
F: Da warste beim FC?
R: Ein paar mal nur aber.
F: Warum, hat dir nicht so gefallen oder?
R: Ach, das weiß ich nicht, das war halt was besonderes,
da ein-, zwei- dreimal hinzugehen, aber nicht
regelmäßig, das war damals gar nicht so Thema.
F: Du bist zum FC gegangen, hattest Du nie das
Bedürfnis in einer Mannschaft zu spielen, immer nur mit
den Jungs auf der Straße?
R: Ich hab in meiner Klassenmannschaft gespielt, in der
Schulmannschaft gespielt und ich hatte eigentlich gar
keine Lust, immer so zu trainieren. Eigentlich immer nur,
zu spielen. Deswegen war ich gar nicht so drauf aus, in
einen Verein zu gehen. Dann kommt natürlich dazu, daß
ich damals im Internat war, von 64 - 69 bis zum Abitur.
H: Und wo?
R: Godesberg, Jesuitenschule.
F: Und, war das der Hit?
R: Ich weiß nicht, inzwischen bin ich ausgetreten.
H: Aber das ist aktuell?
R: Was?
H: Mit dem Austreten.
R: Ja, ja, das ist schon lange her, ja.
H: Ja is et nun lange her oder hast du das vorgestern
erst gemacht?
R: Das war Anfang der 70er Jahre, kurz nach der
Jesuitenschule.
H: Von der Zeit her bist du ja ein richtiger, original
APO Student gewesen?
R: Also an mir ist die Zeit vorbeigegangen, meine
Politisierung begann erst bei der Bundeswehr.
H: Du warst beim Bund?
R: Ja, ich war ne Z-Sau.
F: Du hast dich sogar verpflichtet?
R: Ja, bekamst Du mehr Geld damals.
H: Was hast Du denn für´n Dienstgrad, Oberlolly oder
wie?
R: Nee, ich hab die Karriere verweigert, dann, ich hatte
keine Lust und hab dann den Leutnantslehrgang quasi
sausen lassen. Wir waren eine Clique, haben alle nicht
gewollt und den dann sausen lassen. Ich bin so abgegangen
wie ich reingegangen bin, als Gefreiter.
H: Was bist Du denn für einer? Erst verpflichten und
dann verweigern. Warum bist du dann überhaupt dahin?
R: Direkt nach der Schule halt.
H: Erst mal direkt auf 2 Jahre verpflichtet und dann
direkt Stunk angefangen.
R: Ja, ich hab lange Haare gehabt, Haarnetz getragen und
so. Und dann ist das weitergegangen am Ende der 70er
Jahre mit den berühmten politischen Verweigerungen usw.
Öffentliche Verweigerungen auf dem Roncalliplatz, da hab
ich dann den Wehrdienst verweigert.
H: Hast deinen Wehrpaß öffentlich verbrannt?
R: Ne, die haben wir alle in einen Sack getan und zum
Heeresamt geschickt.
H: Und trotzdem in den öffentlichen Dienst gekommen,
wie hast Du das denn geschafft?
R: Ist doch erlaubt.
H: Namen geändert, Adresse geändert?
F: Kann das sein daß du früher mal nur Rudolf
Schorlemer hießest und irgendwann mußtest Du das
"von" dazwischen tun?
R: Nee, nee, die haben mich auf dem Namensschild sogar
befördert, zum Grafen.
F: Ist das denn richtig?
R: Nein, Graf ist ne Stufe höher, ich bin Freiherr,
nicht Graf
dann hab ich angefangen zu studieren,
erst Volkswirtschaft und dann nach einem Semester
umgesattelt auf Lehrer mit Sozialwissenschaft und Sport.
H: Im ersten Anlauf hast du nie das richtige gemacht,
ne, erst verpflichtet, dann verweigert, erst
Volkswirtschaft, dann Sozialwissenschaft?
R: Als ich da angefangen hab wußte ich noch gar nicht
was ich machen wollte, deswegen, an VWL hatte ich gar
kein Interesse.
F: Aber dann hättest du doch die Ländereien
verwalten können?
R: Ach, die sind doch unterm Hammer.
F: Daher also die Bezeichnung "Roter
Hammer"? (Lachen, Unterbrechung des Interviews)
R:
von Schorlemer, das war der
Bauernkönig, hat die ersten bäuerlichen
Genossenschaften gegründet. Da gibt es eine Straße in
Düsseldorf und ein Denkmal, über diese Straße bin ich
damals immer zur Schule gefahren.
F: Vielleicht gibt es von Dir ja auch mal ein Denkmal?
R: Sicher nicht.
F: Meinste nicht - Bunte Liga-Denkmal - wenn der Urahn
die Bauernverbände gegründet hat, dann kannst du
vielleicht mal ein Denkmal kriegen für die Gründung der
Buli-Verbände. Dann wird es dicke Bücher geben, von den
Anfängen bis heute, und dann bist Du auf dem Titelbild
mit einem Schwarzweißfoto - der Urahn der BuLi.
R: Gelebt hab ich in Erftstadt, Burg Konradsheim, das war
früher meine Adresse.
H: Auch ne schöne Adresse.
R: Ja, war ne schöne Wasserburg, echt, Pferde
H: Du hast auf einer Wasserburg gelebt?
R: Auf dem Hof, in der Burg. Die war ja damals etwas
verfallen und wurde mehr als Getreideschuppen und
Spielstätte benutzt und ist danach verkauft worden an
den Staat.
H: Man kann nicht sagen, daß du ne schwere Kindheit
gehabt hast.
R: Das täuscht, das täuscht. Wir lebten zwar eigentlich
nach außen gut - da war immer der Baron mein Vater, ne,
in der Umgebung - aber wir hatten nicht viel Geld
eigentlich, wir waren eigentlich immer verschuldet, haben
den Hof eigentlich nicht mehr halten können. Da hat mein
Vater alles gemacht, der hat Haxen verkauft, ein Hotel
hat er gehabt in Köln, Hähnchenbratereien hat er auch
mal zwei Stück gehabt in Köln. Wir haben ne
Hähnchenzucht gehabt, haben dann die Hähnchen -
gebraten - verkauft. Direkt neben Unkelbach hatten wir
früher eins und eins in der Wiener Str. Aber irgendwie
hat das alles nichts gebracht, als ich Abitur gemacht
hab, ist der Hof unter den Hammer gekommen.
F: Wieviel Geschwister hast du denn?
R: Fünf, also wir sind sechs, ursprünglich mal sieben,
aber eins ist leider mit zwei Jahren gestorben.
H: Dann hatten Deine Eltern an sich andere Erwartungen
an Dich?
R: Dazu war ich aber zu wenig standesbewußt.
F: Das kommt davon, wenn man mit der Schweineblase am
Schweinetrog rumkickt und versucht, die Hühner für die
Braterei totzukicken. "Rudolf, heute müssen 10
Hühner erschossen werden!"
H: Spaß beiseite, Hochzeit der APO: Alle laufen
langhaarig rum und sind gegen den Bullenstaat, wie war
das denn mit Dir?
R: Jaahaa, ich war eigentlich immer Anhänger der
Spontiszene, der linken Spontiszene kann man so sagen.
Ich hatte einige Bekannte im KBW, aber das war für mich
zu ideologisch, da kam ich nicht mit zu Potte, mit deren
Ideologie. Ich war damals ziemlich aktiv in der
Friedensbewegung, wir hatten damals eine Gruppe gehabt,
mit einem Teil von denen spiele ich noch Volleyball - das
"Komitee gegen Krieg und Imperialismus" waren
wir, alte Geschichten: Brokdorf, Gorleben
H:
AKWs.
R: Erst mal AKW, dann Frieden. Das war Anfang der 70er,
das waren Studenten und Leute aus der linken, teils
organisierten, teils unorganisierten Bewegung. KBWler
waren da, Spontis, Anarchos und ein paar Grüne auch. Das
war eigentlich die ganze Studentenzeit so, dann kam 1978
die Referendarzeit - 1,5 Jahre - dann mal nach China
gefahren.
F: Nach China, auch politisch motiviert?
R: Nee, das war mehr so um den richtigen Weg zu finden.
Schon animiert durch die ganzen Geschichten da, aber, das
war mehr das Ergebnis eines Seminars an der Uni. Der
Professor damals war SPD-Abgeordneter im Bundestag und
der hat das dann gemanagt. Früher gab es kaum Gruppen,
die da hinfuhren.
H: Da sind Euch dann all die Errungenschaften gezeigt
worden. Warst Du begeistert oder erschüttert?
R: Tja, zu begeistert glaub ich. Ich hab das zum Teil zu
unkritisch gesehen.
H: Trotzdem hast Du Dich dann als Lehrer beworben?
R: Ja, mit den Fächern Sport und Sozialwissenschaft,
jetzt an der Gesamtschule unterrichte ich natürlich
mehr: SoWi, Sport, Politik, Wirtschaft und Geschichte.
Ich hab jetzt die neunte Klasse als Klassenlehrer und
dann noch einen Oberstufenkurs.
F: Im Sport unterrichtest Du natürlich auch Fußball,
nehme ich an?
R: Fußball, Volleyball. Volleyball zum Beispiel ist ja
meine geheime Liebe. Das ist ja der Unterschied zum
Fußball - beim Fußball werd ich jetzt schlechter, beim
Volleyball hingegen kann ich noch was verbessern. Das
steht jetzt auf der Kippe, Volleyball kann ich ja noch
lange spielen. Fußball weiß ich nicht, wie lange ich
das noch spielen kann. Ich trainiere natürlich schon
seit langem Schulmannschaften, vorletztes Jahr war die
Käthe Kollwitz-Schule Landesmeister |
|
F: Meine Güte, Dein Leben besteht
echt aus Fußball, Roter Hammer, Schulmannschaft,
Dellbrücker Kickertrupp, BuLi-Funkti und FC-Fan.
R: Stimmt ja, wobei mit dem FC hab ich in den 70er oder
80er Jahren eigentlich wenig gehabt.
F: Wie kommt das, Du hast ja jetzt sogar ne
Dauerkarte, schon im zweiten Jahr?
R: Vielleicht hab ich damals so nicht dazu stehen
können.
F: Also rein rationell und vernünftig gesehen kann
man sich jeden Verein in der Bundesliga aussuchen nur
nicht den FC?
R: Das ist ne Lokalsache. Ich hab immer hier gelebt und
für mich war der FC die einzige Mannschaft die
überhaupt galt.
F: Hätte aber auch Bayern sein können.
R: Nein, wo ist denn Bayern?
H: Bayern ist überall.
R: Aber nicht hier.
F: Was war denn der Beweggrund, sich eine Dauerkarte
zu kaufen - um einfach zu sagen, ich will hier sechs-,
siebenhundert Mark auf den Kopf hauen?
R: Der Grund war einfach, daß es kein Stehplatz Mitte
mehr gab - also mußte ich mir einen anderen Platz suchen
und ich wollte nicht in der Kurve stehen. Ich wollte
einen schönen Platz haben und der Dieter hatte einen
schönen Platz. Dann hab ich direkt die Reihe dahinter
einen Platz gekriegt.
F: Fehlt Dir jetzt was, daß Du nicht mehr stehen
kannst?
R: Ja, auf den Stehplatz Mitte würde ich sofort wieder
zurück. Fand ich als Atmosphäre natürlich viel besser,
auch die Leute drumherum. Aber das ist jetzt ne nette
Clique, mit denen kann man gut diskutieren, die
kommentieren auch immer schön. Wir kennen uns
mittlerweile und wissen, was wir voneinander zu halten
haben usw. Das ist ne ganz nette Umgebung, aber die
Atmosphäre von Stehplatz Mitte ist natürlich weg.
F: Und - Deine Prognose - steigen sie ab?
R: Et hätt noch immer jot jejange.
H: Du mußt dich jetzt festlegen, ja oder nein?
R: (knackt Nüsse) Zwischen Platz 12 und 14 (Anm.
der Redaktion: Es wurde Platz 17)
F: Wie sehr belastet dich das, wenn der FC verliert?
R: Erst kommt Frust, dann kommt Ärger und beim nächsten
mal wird alles besser.
F: Was müßte denn passieren, damit es mit dem FC mal
wieder aufwärts geht?
R: Erstens: Mal wieder den Nachwuchs aus der Umgebung.
Und dann die richtigen Leute - der Häßler zum Beispiel,
das wäre der richtige Mann. Identifikationsfiguren
müssen her, so Littis.
H: Wie schneidet Deutschland bei der WM ab?
R: Die kommen bestimmt wieder unter die ersten vier,
glaub ich.
F: Und wie schneidet der Rote Hammer ab?
R: Davon bin ich jetzt auch nicht mehr so von mitgenommen
wie früher, muß man schon sagen.
F: Wie war das denn früher?
R: Einfach ein schönes Spiel zu machen, was einem
richtig Spaß macht und das man unter Umständen auch
gewinnen kann.
H: Wart Ihr eigentlich mal Stadtmeister?
R: Nur Vizemeister im ersten Jahr - punktgleich,
torgleich, nee punktgleich mit Petermann. Aber in den
letzten Spielen war ich verletzt und so ging nicht mehr
viel.
H: Weißt Du noch gegen wen im letzten Spiel?
R: Ja, Calamares, 1:1 - ein paar von Petermann standen am
Spielfeldrand und haben die angefeuert, das wäre
sicherlich gut eingegangen in die Buli-Geschichte, wenn
wir als erste gewonnen hätten.
H: Da gab es doch damals Streit um den Stadtmeister
1989. Prinzip Hoffnung behauptet, 1989 Stadtmeister zu
sein
R: Quatsch, Prinzip Hoffnung war nie Stadtmeister, die
waren immer schlechter.
H: Die verkünden heute noch auf ihrer Internetpage,
Stadtmeister 1989 gewesen zu sein.
R: Was? Lüge! Das muß sofort dementiert werden. (Rudolf
hat recht, siehe Anmerkung der Red. am Ende des
Interviews) Was der Goldi sich da wieder strickt
Ich bin mal gespannt, ob wir das dies Jahr auf die
Beine kriegen, wir fusionieren ja mit Grand Hotel
Abseits.
F: Du hast eben angedeutet du willst über kurz oder
lang kürzer treten. Wie stellst Du Dir das vor, gar
nicht mehr hingehen oder nur nicht mehr spielen?
R: Schon jetzt macht der Volker weitgehend die
Organisation vom Roten Hammer. Vielleicht höre ich dann
auch jetzt bald einfach mal auf, damit daß dann mal
jemand anderes machen kann. Vielleicht wäre 10 Jahre
Liga ja ein guter Anlaß, einfach mal zu sagen "so
jetzt hör ich auf".
F: Weil du irgendwo erwartest, daß die Leute an Dich
herantreten und sagen: "Rudoolf ,
das
kannst Du doch nicht machen, dat jeht doch nit, Du mußt
vom Rücktritt sofort zurücktreten". Könntest Du
Dir denn vorstellen, daß 1999 hier nicht mehr das
Telefon klingelt, die Gertrud nicht mehr die Finanzen
überprüft, Du nicht mehr auf der Sitzung erscheinst als
Koordinator?
R: Ja, kann ich mir schon vorstellen.
F: Willst Du Dir das denn vorstellen?
R: Da bin ich mir noch nicht so sicher, klar, die
nervlichen Sachen sind natürlich ätzend zum Teil.
F: Ja wie stellst Du Dir das denn dann vor - ich mein,
wenn du dann sagst, Du machst das nicht mehr, dann
müßte im Kreis der Ligamannschaften ja
R:
ja, Du zum Beispiel.
F: Du strebst also so etwas an wie der damalige
DFB-Präsident - Neuberger - der dann seinen Ziehsohn
Egidius Braun rangelassen hat, so nach dem Motto: Rudolf
von Schorlemer zieht den Ziehsohn Frank Bröcking
R: Ja, der wäre ja auch einige Jährchen jünger.
H: Titel der Bunten Liga Zeitung: "Frank
Bröcking wird BuLi-Präsi!"
F: Nee, Titel der BL-Zeitung ist: "Hört Rudolf
auf, schmeißt Rudolf hin?"
R: Ich schmeiße nicht hin, aber ich denke mir, ich kann
auch noch andere Sachen machen. Einfach mal Ruhe zu haben
, mehr mit Irinchen machen, noch mehr mit Irinchen
machen. Gertrud hat auch viel Arbeit mit dem Ganzen.
H: Also der eigentliche BuLi-Präsi ist Gertrud?
R: Jaja, sie ist auf jeden Fall schon sehr wichtig. Das
wird viel zu wenig honoriert, ja ich habe es mit dem
Computer nicht unbedingt so wie sie.
H: Wo habt Ihr Euch den kennengelernt?
R: Bei der Stollwerckbesetzung 1980. Wir haben uns
kennengelernt bei unserem Treffpunkt damals, ist ne
lustige Geschichte. Wir haben von dort aus Stadtindianer
gespielt quasi, wir haben immer Angst gehabt, das würde
geräumt und dann haben wir immer so wichtige Punkte
besetzt und beobachtet, ob das Sondereinsatzkommando
kommt. Einmal vom
und einmal über die Zoobrücke
und wir hatten damals in der Worringer Str., in dem Haus,
in dem ich dann später gewohnt habe und das wir dann
gekauft haben, einen Wachtposten bezogen und von oben die
Zoobrücke beobachtet. Wir haben damals da gewohnt und da
uns näher kennengelernt.
F: Und habt Ihr es mitgekriegt als die anrückten?
R: Nein, die sind ja nicht angerückt, es ist ja alles
dann am ende versandet. 3 Tage vor der Räumung sind wir
abgehauen und in Urlaub gefahren, wir hatten keine Lust
mehr. Das ging den Bach runter, das konnte man dann auch
vergessen. Da war alles gelaufen. Da war alles so
versifft und furchtbare Zustände nachher. Weil sich dann
die sämtlichen Randgruppen der Gesellschaft eingenistet
haben und ihre Sachen da noch zum Thema machten und das
dann wirklich aussah wie Sau und irgendwann, na ja, aber
das war ein anderes Thema. Das war damals eine sehr
politische, sehr große, von der Öffentlichkeit
beachtete Geschichte. Es ging um Fabrikgelände in
Wohnraum und Umwandlung von Wohnraum und um Eigentum und
auch so grundsätzliche Fragen, wie sowas gemacht werden
soll. Sind halt einige Besetzer zu Besitzern geworden,
die wohnen jetzt da. Wir haben später in einer
Wohngemeinschaft gewohnt in einem anderen Haus, zu 12, zu
10, zu 8. Das haben wir dann notgedrungen gekauft, weil
das sonst weggegangen wäre. Offiziell im Vertrag hieß
es, die letzte Wohnform vor der Autobahn..
H. Nicht direkt die Kommune 1, aber kam direkt
hinterher. Um auf die BuLi zurück zu kommen: Was gibt es
für Unterschiede früher und heute?
R: Es ist schon anders. Es wird zum Teil schon viel
ernster betrieben, geht viel mehr um Punkte und gewinnen.
Es wird auch viel mehr taktiert. Früher wurde ganz
einfach gespielt, heute wird immer überlegt: Können wir
jetzt spielen?, haben wir die beste Mannschaft, wen
könnten wir noch dazu nehmen? Damals spielte man immer
mit denen, die da waren.
H: Hatte die Liga in den Anfängen mehr politischen
Charakter?
R: Ja es sollte schon anders Fußball gespielt werden,
vor allem nicht so erfolgsorientiert wie im Vereinsleben.
F: Ja gut, wenn ich z.B. so ein Nicaragua-Turnier
nehme, daß hat ja mit Fußball zunächst gar nichts zu
tun?
R: Damals wurden solche Turniere hauptsächlich gespielt,
damit Geld rein kam. Die Leute, die sich das angesehen
haben, wollten in erster Linie eine gute Sache
unterstützen und nicht unbedingt Fußball gucken. Wir
haben an unserer Schule auch eine Städtepartnerschaft
gehabt, Schüler sind in Nicaragua gewesen und haben
Projekte aufgebaut. Ich wäre auch rüber gefahren, aber
das ging aus persönlichen Gründen nicht.
H: Es wurden also irgendwelche Sachen unterstützt,
aber es war nicht direkt eine politische Demonstration,
die da an den Wochenenden ablief. Man traf sich, spielte,
hatte Spaß und Feierabend. Gibt es das noch?
R: Ich habe den Eindruck, daß es das nur noch in den
Freundschaftsspielen gibt. Das hat sich inzwischen so
verselbständigt, daß diese Atmosphäre nur noch bei den
Kicks zwischen den Mannschaften da ist.
F: Ist die BuLi "links"? Oder war sie es
mal?
R: Die Gründungsmannschaften waren politisch eher links.
Wie das heute ist kann ich nicht sagen. Aber wir haben ja
jetzt auch das
Cream Team aufgenommen, das ist eine Mannschaft, die
nicht in erster Linie nur Fußball spielt, sondern
öffentlich etwas demonstriert.
H: Wie ist denn das Verhältnis zum DFB oder wie hat
sich das verändert?
R: Am Anfang konnten und wollten wir auf jeden Fall ohne
DFB-Schiris spielen. Es wurden auch viele Regeln extra
nicht eingehalten, etwa bei Abseits oder Auswechselungen.
Jetzt greift man aber schon zusätzlich auf DFB-Schiris
zurück. Desweiteren ziehen wir auch beim Regelwerk
schneller nach, z.B. bei der 3-Punkte-Regelung.
F: Kannst Du dir vorstellen, daß man mal fusioniert?
R: NEIN, NEIN, NEIN, dann kann sich die Liga auch
auflösen.
H: Würde sich denn durch eine Fusion irgend etwas
ändern?
R: Ich denke, die Existenzberechtigung der Liga ist nach
wie vor da und besteht darin, daß man auch als Feld,-
Wald,- und Wiesenmannschaft die Chance hat, gegen andere
Mannschaften zu spielen ohne in ein absoluten Streß zu
verfallen - wie etwa wöchentliches Training usw.
H: Und wenn der DFB sagen würde: Okay, Ihr braucht
nicht zu trainieren, euch nicht als Verein organisieren,
Hauptsache, ihr spielt bei uns?
R: Das werden wir nicht wollen. Das wäre zwar eine
eigene Liga, aber eine, die sich den Gewohnheiten des DFB
unterordnen würde.
F: Was würde Dir denn dann fehlen - die
Selbstverwaltung oder das Politische, die endlosen
Diskussionen?
R: Da wird ja gar nicht mehr so viel diskutiert. Z.B. die
Frage, was machen wir mit dem Erlös, mit den
Überschüssen? Unterstützen wir eine gute Tat oder ein
Projekt? Das wird ja nicht einmal mehr erwogen.
Höchstens ein Fest oder eine Zeitung, das ist schon eine
Entpolitisierung, daß entspricht dem Trend in der
Fun-Gesellschaft.
H: Also angenommen, auf einem Treffen wird mein
Antrag, komplett in den DFB einzutreten, nach
ausführlicher Diskussion mit großer Mehrheit
angenommen. Der DFB begrüßt diese Entscheidung. Was
würdest Du dann machen?
R: Spontan würde ich sagen: "Ja, ich höre
auf".
F: Du würdest nicht versuchen mit den Mannschaften,
die dagegen waren, weiter zu machen?
R: Es ist schwierig zu sagen, da ich eh mit dem Gedanken
spiele aufzuhören.
H: Gibt es eigentlich Kontakt zu anderen alternativen
Fußballern?
R: Nicht mehr, es gab mal eine Verbindung mit Aachen,
aber die ist eingeschlafen. Jetzt trifft man sich nur
noch bei den alternativen Turnieren.
F: Hat die alternative deutsche Meisterschaft diesen
Namen zurecht, treffen dort die Besten aufeinander?
R: Nein, nein, daß ist ein reines Einladungsturnier für
ältere, schon lange bestehende Mannschaften, auf keinen
Fall eine leistungsorientierte Zusammensetzung. Das wäre
auch nicht mein Ding, aber wenn einzelne Mannschaften das
so haben wollen, können sie das ja organisieren, warum
nicht.
H: Organisieren müßte das ja wohl eine der
größeren Ligen, also wir, oder?
R: Wir gehören schon zu den größten, ich kenne
jedenfalls keine größere. Die Frage ist halt, ob wir
das überhaupt wollen. Die Aachener z.B. haben damals
eine Meisterschaft ins Leben gerufen, damals hatten die
die meisten Mannschaften. Denen ging es aber in erster
Linie darum, überhaupt Plätze zu bekommen ohne im DFB
zu sein. Die mußten einen Großteil ihrer Spiele in
Holland bestreiten.
F: In Köln war das kein Problem?
R: Das kann man so sagen, jaja der kölsche Klüngel.
Dieter Göbel - damals für die Grünen im Rat der Stadt
Köln - kam natürlich leicht an Fußballplätze usw.
F: Abschließend die Frage: Brauchen wir eigentlich
eine Tabelle oder könnten wir nicht ebensogut ohne einen
Meister auskommen?
R: Bei den letzten alternativen Meisterschaften hat sich
der Wind so wie ich es mitbekommen habe bereits gedreht.
Leistungsorientierte Mannschaften wurden erst gar nicht
mehr eingeladen, wir haben jedoch wieder eine Einladung
erhalten. Es gibt sicherlich den Trend, daß neue
Mannschaften nur gegen andere spielen wollen und sonst
nichts. Mir wäre es auch egal, wieder auf der Wiese mit
aus Sporttaschen improvisierten Toren zu kicken.
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